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Die Jacke hängt schon länger am Haken

icon.crdate07.07.2020

07.07.2020

Interview mit unserem langjährigen Gerätewart a.D. - Paul Altenburger

Im Rahmen der Jubiläumsfeier des 150-jährigen Bestehens der Freiwilligen Feuerwehr Jestetten am Freitag, 28.Juni 2019 wurden die beiden langjährigen Gerätewarte Dieter Hierholzer (Abtl. Altenburg) und Paul Altenburger (Abtl. Jestetten) aus dem aktiven Dienst verabschiedet und als Ehrenmitglieder ernannt.

Ein Jahr danach wurden die beiden Protagonisten zu einem Interview gebeten, auch um ihr jahrzehntelanges Wirken noch einmal ausführlich aufzuzeigen.

Die Tätigkeiten der beiden Kameraden sucht seinesgleichen und wird es in dieser Art und Weise in der Zukunft sicherlich nicht mehr geben können.

Die Zeit geht weiter, andere Kameraden haben die Tätigkeiten übernommen und sich die Arbeiten aufgeteilt, denn ein Verantwortlicher kann diese umfänglichen Arbeiten mit zunehmender Verantwortung unmöglich alleine im Nebenamt durchführen.

Nicht nur wir Feuerwehrangehörige sind uns bewusst, dass wir "zwei Juwelen“ als Aktivposten verloren haben. Beide Kameraden waren auch als Gruppenführer aktiv, Dieter war zudem Maschinist und Fahrer.

Auch die Gemeinde Jestetten mit Gemeinderat und Bürgermeistern schätzten ihr Wirken in den letzten Jahrzehnten sehr, ging es doch um die Wartung und Erhaltung von Gerätschaften, deren Beschaffung größtenteils mit enormen Kosten verbunden waren.

Die Redaktion der Homepage hat ein Interview mit den beiden Ehrenmitgliedern geführt. Das zweite Interview mit Dieter wird in Kürze veröffentlicht.

 

Das Interview führte der Mediensprecher Uwe Kaier.

 

Uwe:

Paul, seit wann bist du in der Feuerwehr und ab welchem Zeitpunkt hattest du die Aufgabe des Gerätewarts inne?

Paul:

Ich war seit 1971 aktiv in der Feuerwehr Jestetten. Meine Mutter hat mich motiviert und zu einem Ausflug der Feuerwehr angemeldet. Ihr Bruder war der damalige Kommandant Hermann Jehle. Somit begann meine Feuerwehrkarriere mit einem Ausflug, einer drei-Seenwanderung.

Gerätewart war ich ab dem Jahr 1978. Ich wurde der Nachfolger von Reinhard Heini und der Standort des Gerätehauses lag noch in der Kirchstraße. Als Fahrzeuge hatten wir damals das LF 8 Opel Blitz, das MAN Löschfahrzeug LF 16 und das MAN Tanklöschfahrzeug.

Ich war noch Jugendleiter in der Jugendfeuerwehr und dieses Amt gab ich dann nach mehreren Jahren ab, denn ich entschied mich als Priorität für die Aufgaben des Gerätewarts. Am Anfang konnte ich eigentlich nur Schläuche putzen, alles andere musste ich mir langsam aber sicher aneignen. Geholfen hat mir damals unser Kamerad Klaus-Jürgen Meyer (genannt Spaghetti-Meyer). Somit war ich 48 Jahre aktiv in der Einsatzabteilung und 41 Jahre als Gerätewart tätig.

Uwe:

Woher hast du dir deine Motivation für diese Aufgabe genommen, diese manchmal vielleicht doch eher undankbare Aufgabe so lange und akribisch auszuüben? Wie lief es in den Anfängen?

Paul:

Angefangen habe ich sozusagen als Putzfrau für alles. Ich hatte aber schnell den Anspruch auf eine bestmöglichste Wartung und Pflege der Fahrzeuge und Geräte. Ein Schlauchplatzer beim Innenangriff, ein nicht funktionierendes Gerät bei der Inbetriebnahme im Einsatz, das wäre einer Niederlage gleichgekommen.

Das Material musste funktionieren, die Kameraden mussten sich hundertprozentig auf die Technik verlassen können, das war mein Anspruch an mich. Wenn dann ein Gerät im Rahmen des Einsatzes kaputt ging, belastete mich das nicht so.

In den ersten Jahren bekam ich noch Unterstützung von den verpflichteten Kameraden, welche statt dem Wehrdienst bei der Bundeswehr, Ersatzdienst bei der Feuerwehr leisteten. Wir waren immer am Mittwoch im Gerätehaus, daher hieß die Gruppe auch „Mittwochsclub“. Es war eine tolle Zeit und nach der getanen Arbeit saßen wir immer gemütlich zusammen.

Nach den Proben und Einsätzen wuschen wir die Atemschutzmasken mit Wasser ab und hängten sie zum Trocknen auf, das wars. Dann kamen mit den Jahren die ganzen Vorschriften und Prüfungen der Atemschutzgeräte und Masken. Bei der ersten offiziellen Prüfung bin ich dann erschrocken, in welch schlechtem Zustand die ganzen Ventile der Atemschutzmasken waren.

Ich habe über die Jahre auch immer die Maschinisten mit eingebunden, welche ein wichtiges Bindeglied zwischen der Technik und der Mannschaft, sowie auch den Gruppenführern und Führungskräften waren.

Ich hatte auch immer sehr großen Respekt vor der Abteilung Altenburg mit Gerätewart Dieter Hierholzer, denn mit vergleichsweise weniger Material und Einsätzen der Abteilung, musste die Technik und Motivation auch immer top sein und stimmen.

Uwe:

Was gehörte zu Deinen liebsten Tätigkeiten und welche Aufgaben waren die weniger schönen?

Paul:

Ich mochte die Prüfungen der Geräte, sei es beim Thema Technische Hilfeleistung, welche immer sehr ölig her und zu ging oder eben dem Atemschutz und den anderen Geräten.

Gefallen hat mir der Wandel bei der Schlauchpflege. Das mühsame Reinigen mit dem Dampfstrahler, welche den Schläuchen nicht gerade guttat, wurde durch die Schlauchwaschanlage ersetzt.

Meine Ideologie nach dem Einsatz war immer, dass die Einsatzfahrzeuge schnellstens wieder bereit für den nächsten Einsatz stehen, der Rest folgte im Laufe des Tages oder Folgetages.

Meine Frau Monika bekam öfters einen Anruf von mir, dass es später wird. Sie hat mich die ganzen Jahre immer unterstützt, es gab diesbezüglich kein Schimpfen (Paul sagte "Murren") oder Unstimmigkeiten und da war ich ihr immer sehr dankbar dafür.

Weniger schöne Tätigkeiten gab es eigentlich nicht.

Uwe:

Somit gibt es an dieser Stelle ein großes Lob an Deine Ehefrau Monika zu richten, denn wer weiß es besser als wir Einsatzkräfte zu schätzen, wie wichtig unsere Partner für die Unterstützung des Ehrenamtes Feuerwehr sind!

Gab es besondere Höhepunkte in deinem Leben als Gerätewart?

Paul:

Ein Highlight war sicherlich die Beschaffungen aller Neufahrzeuge, der ersten Drehleiter 1979, dem HLF; besonders das LF 8 aus Altenburg und die Beschaffung der zweiten Drehleiter sind mir da in sehr guter Erinnerung geblieben.

Während der ganzen Zeit hatte ich es mit unzähligen Geräten, vielen Metern Schläuchen und 14 Fahrzeugen zu tun.

Die Einführungen der Qualitätsstandards mit den Prüfungen, die damaligen Weiterbildungen auf Kreis- oder Landesebene, die vielen gemeinsamen Arbeiten und Kontakte im Gerätehaus mit Dieter Hierholzer und die sehr guten und engen Verbindungen zu den Nachbarwehren aus Klettgau, Dettighofen und Lottstetten, das bleibt einem sicher in guter Erinnerung.

Es war eine sehr gute Zeit und ich war froh, dass ich mich für die Aufgabe als Gerätewart entschieden hatte. Es ist nicht so mein Ding, vor die Mannschaft zu stehen, wie ich es bei der Jugendfeuerwehr als Jugendleiter oft machen musste.

Uwe:

Du hast im Ort gearbeitet und warst jahrzehntelang immer in der ersten Reihe, wenn es um Einsätze ging.

Du warst oft auf dem Platz vorne rechts im Fahrzeug, als Gruppenführer und hast Verantwortung übernommen. Wie fühlt sich das an, wenn man vom einen auf den anderen Tag nicht mehr zum Einsatz „darf“?

Paul:

Es ist am Anfang sehr komisch gewesen. Deine Feuerwehr rückt aus und du bist einfach nicht mehr dabei. Die Informationen über den Einsatz bekommst du nur noch über die Zeitung oder die Homepage. Einmal radelte ich in der Nähe des Gerätehauses, als die Feuerwehr ausrückte.

Aber man gewöhnt sich daran. Ich konnte mich nach 48 Jahren Einsatzabteilung auch langsam darauf einstellen und es ist gut so, dass es so ist, wie es ist.

Meinen ersten Einsatz hatte ich übrigens 1971, beim Brand des Gasthauses Hirschen in Lottstetten. Ich schaute zuhause in meinem Elternhaus mit meiner Familie die Hitparade mit Dieter Thomas Heck und die Sirene im Dorf heulte. Meine Mutter forderte mich auf, nun loszurennen und das tat ich sofort. Mit unseren beiden Löschfahrzeugen, dem LF 8 Opel Blitz und dem LF 16 TS fuhren wir dann nach Lottstetten.

Mein letzter gefahrene Einsatz war ein Fahrzeugbrand im Bereich des Gerätehauses im Juni 2019. Ein junger Gruppenführer (Daniel Hosp) überließ mir den Platz vorne rechts im Löschfahrzeug, um als Gruppenführer ausrücken zu dürfen.

Uwe:

Du hast ja einige Fahrzeuge, Bürgermeister und Kommandanten „verschlissen“?

Paul:

Richtig, wie erwähnt, hatte ich es mit insgesamt 14 Fahrzeugen zu tun, weiterhin mit drei Bürgermeistern (O. Holzscheiter, A. Brohammer, I. Sattler) und fünf Kommandanten (H. Jehle, A. Kaier, A. Schlude, K. Meier, H. Jörns).

Die tausenden Stunden im Gerätehaus und die unzähligen Einsätze habe ich nicht gezählt. Übrigens war ich in drei Gerätehäusern während meiner Amtszeit tätig. Ich hatte noch die Aufgaben des Gruppenführers inne und die langjährige Zeit mit der Leitung der Jugendfeuerwehr, zusammen mit Haudegen Erwin Fritz, die prägte mich ungemein.

Uwe:

Dich zeichnet eine riesige Einsatzerfahrung mit 48 Jahren aktivem Dienst aus. Sind dir schwere Einsätze oder auch lustige Begebenheiten in Erinnerung geblieben?

Paul:

Schlimm waren die zahlreichen Verkehrsunfälle in früheren Zeiten. Oft hat man die verunfallten gekannt oder es saß immer jemand im Einsatzfahrzeug, mit einem persönlichen Bezug zu den Betroffenen, das stimmt nachdenklich.

Einen bestimmten Einsatz, welcher mich extrem belastete, diesen gab es nicht.

Wir hatten in den 70er-Jahren einmal einen schwer verletzten Mann zu einem Hubschrauber getragen und auf dem Weg zum Helikopter verstarb er, an so etwas kann man sich immer erinnern. Gut waren immer die Einsätze, welche tragisch geklungen haben, sich aber alles in Luft aufgelöst hat oder keine Tragik vorhanden war, da kam immer schnell die Entspannungshase.

Als großen Brand habe ich den Brand beim Dom in St. Blasien 1977 in Erinnerung und auch den Hirschen 1971 in Lottstetten, es gäbe da noch einige Großbrände aufzuzählen.

Ein absolutes Highlight war für mich immer die gelebte Kameradschaft in den Reihen der Feuerwehr. Die Einsätze zusammen meistern, die vielen Proben und Veranstaltungen, aber auch das Nachsitzen nach der Probe war mir sehr wichtig und ich gehörte immer zu den letzten, welche das Gerätehaus verlassen haben. Zu meiner Entschuldigung muss ich aber auch sagen, dass ich als Gerätewart immer der letzte war, welcher zum gemütlichen Teil übergehen durfte.

Sehr viel mitgenommen habe ich von den beiden Veranstaltungen „Wer hilft und Helfern“ der Jahre 2002 und 2005 in der Gemeindehalle Jestetten. Dort kam das Thema Belastungen von Helfern auf den Tisch und wir lernten, dass es normal ist, wenn uns ein Einsatz belastet, wie wir damit umgehen können und dass wir Hilfe bekommen, wenn wir sie brauchen.

Als sehr schön würde ich es auch bezeichnen, dass wir die ganzen Jahre meiner aktiven Zeit immer mit vollen Mannschaftskabinen aus den Proben und Einsätzen in das Gerätehaus zurückkehren konnten und sich somit keiner der Mitstreiter schwer oder nachhaltig verletzt hat.

Uwe:

Beim Jubiläum wurdest Du mit Dieter zusammen verabschiedet und ihr als Ehrenmitglieder geehrt. Hier gab es Standing Ovation. Wie erging es dir an diesem Abend?

Paul:

Für mich war das Stress pur, da ich nicht gerne vorne stehe. Stress nicht aus Angst, sondern einfach das vorne stehen. Ich war sehr froh, dass ich nicht alleine dastand und Dieter dabei war. Alle klatschten und hörten nicht auf und ich dachte dabei, dass ich ja nur immer das gemacht habe, was meine Arbeit war. Ich war sehr froh, dass ich keine Rede halten musste (lacht).

Zum Ehrenmitglied ernannt zu werden, das ist natürlich schon etwas Besonderes, was eigentlich eher scheidenden Kommandanten vorbehalten ist. Somit war es für mich ein rundum gelungener Abend.

Uwe:

Wie lief denn die Übergabe deiner Aufgaben als Gerätewart ab?

Paul:

Es war ein langer Prozess und wir haben in der Feuerwehr monatelang darauf hingearbeitet. Mir persönlich war es sehr wichtig, dass alles reibungslos übergeben wird und meine Nachfolger nicht die gleichen Erfahrungen wie ich bei meinem Antritt 1978 machen mussten. Also ständig telefonieren und nachfragen müssen und mehrfach dieselben Fehler zu machen.

Ich weiß, am Schluss habe ich manche ganz schön genervt, das habe ich schon gemerkt.

Mir lag das aber sehr am Herzen und eine gute Übergabe hatte Priorität.

Nun ist das erste Jahr ohne mich bereits Vergangenheit und ich habe für die zurückliegenden Prüfungen der Geräte keine Verantwortung mehr, da das Prüfjahr abgelaufen und alles überstanden ist (lacht).

Uwe:

Was machst du nun mit deiner ganzen Freizeit? Ist es dir nicht langweilig?

Paul:

Nein, überhaupt nicht. Ich bin mein Leben lang um 06.00 Uhr aufgestanden, jetzt dauert der Tag nicht mehr so lange. Ich stelle mir den Wecker nicht mehr, habe Familie mit Enkeln und zwei kleine Jobs.

Die letzten drei Jahre meines Arbeitslebens war ich auf Grund der Betriebsschließung meiner Firma arbeitslos und konnte mich auf mein Rentnerdasein einstellen.

Meine Bewegung habe ich beim regelmäßigen Radfahren und ich bin ja noch bei der Seniorenmannschaft der Feuerwehr „aktiv“.

Übrigens hatte ich bei den Senioren den gleichen Start wie bei der aktiven Feuerwehr 1971. Meine aktive Mitgliedschaft fing mit einem Ausflug an, sowie auch der Start bei den Feuerwehrsenioren. Als ich noch in den letzten Zügen bei der aktiven Mannschaft war, bekam ich einen Anruf von unserem Seniorenobman Georg Häring, welcher mich zum Ausflug einlud.

Und spannend finde ich auch, dass ich mit Ausnahme eines einzigen Kameraden der vielen Senioren, mit allen anderen Mitgliedern Seite an Seite Einsätze in der Vergangenheit absolviert habe.

 

Paul, vielen Dank für das Interview. Dein Wirken in der Feuerwehr bleibt Geschichte, somit gerätst du nicht in Vergessenheit.

Wir wünschen dir und deiner Familie für die Zukunft Gesundheit und Zufriedenheit und viel Spaß beim Lesen der Zeitung und Homepage, nach dem Du im Ort das Pressluftsignal der Feuerwehr vernommen hast..!

 

Bericht und Interview: Uwe Kaier

Bilder "Tanklöschfahrzeug" Nr. 8-10: Feuerwehr

Bild "Enkel"Nr. 21: Ernst Ostertag

Bilder Rest: Uwe Kaier