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Interview mit unserem Gesamtkommandanten Holger Jörns

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24.03.2020

Die momentane Lage bei der Feuerwehr und ein kleiner Ausblick

Auf Grund der Pandemie befinden wir uns alle in einer Lage, wie sie die Bevölkerung und auch die Feuerwehr seit dem 2. Weltkrieg nicht mehr erlebt hat.

Da die Erhaltung der Einsatzbereitschaft der Helfer absolute Priorität hat, wurden alle Fortbildungen der Feuerwehr, so wie auch anderer Hilfsorganisationen ausgesetzt.

Momentan begeben sich die Angehörigen der Feuerwehr lediglich zu Einsätzen in das Gerätehaus.  Eine Ausnahme besteht darin, dass die technischen Einrichtungen weiter gewartet und die Fahrzeuge bewegt werden müssen.

Zu der aktuellen Lage bei der Feuerwehr wurde ein Interview mit unserem Gesamtkommandanten Holger Jörns geführt.

Aus gegebenem Anlass, nicht persönlich, sondern mit Hilfe der elektronischen Medien über das Internet.

 

Das Interview:

 

Holger, die Feuerwehr befindet sich auf Grund der herrschenden Pandemie in einer Lage, welche sie seit dem 2. Weltkrieg nicht mehr erlebt hat. Sämtlichen Proben und Fortbildungen sind abgesagt oder ausgesetzt. Sogar die 151. Generalversammlung der Feuerwehr Jestetten wurde abgesagt. Wie siehst Du das ganze?

Ich muss sagen, dass ich mich zuerst darüber geärgert habe, dass ich die Generalversammlung absagen musste. Jetzt denke ich aber, dass es wahrscheinlich die richtige Entscheidung war. Natürlich war ich schon vorbereitet und wollte das 150. Jubiläumsjahr der Feuerwehr Jestetten abschließen. Es wäre für mich persönlich ein sehr schöner Abschluss gewesen. Ich bin immer noch guter Hoffnung, dass ich das in diesem Jahr noch machen darf.

Zurzeit bin ich noch sehr entspannt, was den Probenbetrieb angeht. Ich weiß, dass wir eine sehr gute Truppe, auf einem sehr hohen Ausbildungsstand sind.

Darauf bin ich auch sehr stolz. Schade ist natürlich, dass ich für das Jahr 2020 eine neue Welle an Ausbildungen geplant habe. Ich wollte den nächsten Schritt mit den jungen Angehörigen der Feuerwehr gehen, um sie in Richtung Truppführer zu bringen.

Die Lernzielkataloge für Truppmann 2 habe ich schon für 12 Kameradinnen und Kameraden ausgefüllt. Auch eine Absolvierung des bronzenen Leistungsabzeichens ist vorgesehen. Das ganze braucht natürlich Zeit, welche uns auf Grund der Situation in diesem Jahr nicht ausreicht. Aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Der normale Probenbetrieb darf jetzt mal ein wenig ruhen. Aber ich hoffe, dass wir das Probenprogramm für den Sommer, welches bereits mit tollen Ideen in unseren Köpfen ist, wenigstens teilweise umgesetzt werden kann. Ich glaube nicht, dass ein Virus die Motivation der Kameradinnen und Kameraden lähmt.

 

Was unternimmt die Feuerwehr Jestetten, um ihre Einsatzbereitschaft aufrecht zu erhalten?

Abgesehen von der Aussetzung der Proben und Versammlungen ist es sehr wichtig, offen mit allen umzugehen. Ich habe alle Einsatzkräfte der Feuerwehr darum gebeten, mir vertraulich mitzuteilen, falls sie in irgendeiner Form betroffen sind. Ich führe eine Liste, welche mir die aktuelle Leistungsfähigkeit unserer Wehr zeigt. Zum Glück sind wir momentan noch zu 100% einsatzfähig. Logischerweise haben wir versucht, die Schutzmittel für Einsatzkräfte aufzustocken. Das ist nicht so einfach.

Der große Vorteil ist, dass wir zum Glück Einsatzmittel haben, die uns auch gegen Corona schützen. Der Einsatz dieser Mittel (z.B. Einweganzüge, Masken, Handschuhe; Atemschutz) erschwert gewisse Tätigkeiten, kann aber unser Leben retten.

 

Ändert die Feuerwehr in der momentanen Situation ihre Einsatztaktik? Gibt es da besondere Anweisungen?

Ja, auch hier habe ich bereits alle Einsatzkräfte bereits informiert. Eigenschutz geht vor Fremdschutz. Das ist nichts Neues.

Wir müssen besonnen an gewisse Einsätze gehen. Auf Grund meines Arbeitsplatzes (Rathaus der Gemeinde) bin ich, wie vom Kreisbrandmeister gefordert, sowieso im engen Austausch mit unserer Ortspolizeibehörde.

So können wir vermutlich zum großen Teil abschätzen, wie wir reagieren müssen, wenn wir Einsätze bei Personen leisten, welche zur Risikogruppe gehören.

Wir erhalten auch regelmäßig Anweisungen von unserem Kreisbrandmeister. Manchmal denkt man auch nicht immer an alle Eventualitäten. Daher bin ich für die Informationen immer sehr dankbar.

Die exponierte Lage der Gemeinde Jestetten führt auch hier zu Problemen. Ich bin sehr froh, dass auch auf Grund unserer sehr guten Beziehungen zu den benachbarten schweizerischen Wehren mit dem Grenzwachtkorps abklären konnte, dass die Vereinbarungen zur grenzüberschreitenden Hilfeleistung weiterhin gewährleistet sind.

Trotz aller Taktiken gilt für jeden Feuerwehrangehörigen: wir müssen immer auf der "sicheren" Seite bleiben. Das gilt auch für uns untereinander. Abstand so gut wie es geht, das ist sehr wichtig und wenn es nicht möglich ist, müssen wir uns mit unseren Mitteln schützen.

 

Eine Abordnung der Feuerwehr Jestetten wollte im Juni die größte Feuerwehrmesse der Welt in Hannover besuchen, die Interschutz. Die Messe wurde bereits auf das nächste Jahr verschoben. Im Mai war eigentlich ein Ausflug nach München geplant. Findet dieser Ausflug statt?

Die Entscheidung ist mittlerweile gefallen. Wir haben den Ausflug leider abgesagt. Die Vernunft trumpft hier einfach über das Herz. Eines kann ich aber jetzt schon versprechen: aufgeschoben ist nicht aufgehoben.

Ich hoffe, wir können nächstes Jahr unseren Ausflug genießen. In Absprache mit meinem Stellvertreter in Jestetten werden wir, wenn alles klappt, im Herbst eine tolle Veranstaltung machen.

 

Welche Gedanken gehen dir als Feuerwehrkommandanten anlässlich dieser Lage zurzeit durch den Kopf?

Ich hoffe, dass wir in dieser Zeit möglichst wenige Einsätze haben. Wenn wir aber trotzdem zum Einsatz müssen, hoffe ich, dass wir weiterhin mit voller Schlagkraft Gefahren abwehren und Menschen in Not helfen können.

Persönlich bin ich sehr beeindruckt, wie uns eine solche Situation aus unserem sicheren Alltag bringen kann. Und trotzdem werden wir alles Erdenkliche tun, um die Bevölkerung und uns selber zu schützen.

 

Deine erste Wahlperiode wäre eigentlich bei der Generalversammlung am 14.03.20 zu Ende gegangen. Wie siehst du dein Wirken und die Aufgaben der ersten Wahlperiode rückblickend? Hast du dir das alles so vorgestellt?

Ja, das kann ich mit einer sehr großen Befriedigung sagen. Es gab unzählige Ziele, die von Anfang an da waren und andere, die dazu gekommen sind. Ich finde, wir haben die Ziele erreicht und Baustellen wurden beseitigt. Das wichtigste für mich ist: die Zukunft der Feuerwehr Jestetten sieht gut aus.

Ich habe es immer geschafft, für jedes Anliegen der Feuerwehrangehörigen Zeit zu nehmen. Klar kann man nicht alles umsetzen, aber alles was nicht geht, hat für mich auch eine klare Begründung. Die spürbare geniale Kameradschaft wurde mir in Feedbacks am Festakt von Außenstehenden bestätigt. Ist das nicht super? Ich spüre auch immer wieder, dass die Feuerwehr bei der Bevölkerung ein hohes Ansehen genießt. Ich denke, besser geht es nicht.

 

2020 wären die Wahlen des Kommandos angestanden. Ist das bestehende Kommando nun kommissarisch eingesetzt oder verschiebt sich einfach nur der Termin der GV?

Tja, das ist eine außergewöhnliche Situation. Da auch kein Wechsel geplant war, ist das aber nicht so schlimm. Unsere Satzung sagt dazu eindeutig, dass das Kommando so lange im Amt ist, bis ggf. ein neues Kommando (oder das alte nochmals) gewählt ist. Ich hoffe ja wie bereits gesagt, dass wir dieses Jahr noch im Amt bestätigt werden.

 

2019 standen die Feierlichkeiten zum 150-jährigen Jubiläum der Feuerwehr Jestetten an und das Jubiläum ist bereits schon wieder Geschichte. Welche wichtigen Aufgaben und Anschaffungen beschäftigen unsere Feuerwehr für die nahe Zukunft?

Ein sehr großes Thema ist für mich, dass wir auf keinen Fall auf dem jetzigen sehr guten Ausbildungsstand stehen bleiben dürfen. Und auch allgemein dürfen wir uns nicht auf unseren Lorbeeren ausruhen. Der Brandschutzbedarfsplan, welcher 2020 eigentlich ansteht, wird uns deutlich aufzeigen, woran wir schaffen dürfen.

Tja und zu den großen Anschaffungen: wir werden uns mit der Ersatzbeschaffung für das LF 16 (Anmerkung: das LF 16 wurde im Jahr 1994 beschafft; somit ist es 26 Jahre alt) befassen. Die Interschutz in Hannover ist zwar auf nächstes Jahr verschoben, aber ich denke, wir werden uns schon in diesem Jahr mit dem Thema beschäftigen.

Nun-und ich werde auch nicht jünger. Mein persönliches Ziel für die Zukunft wird es sein, ein neues Kommando auf die Aufgaben vorzubereiten. Aber dazu habe ich noch ein wenig Zeit.

 

Was wünscht du dir und deiner Feuerwehr für die Zukunft?

Als erstes wünsche ich mir, dass die Corona-Krise bald vorbei ist, so dass ein normales Leben wieder möglich ist. Dann wünsche ich mir, dass alle Kameradinnen und Kameraden mit ihren Familien gesund und munter aus der Krise kommen.

Weiterhin besteht bei mir der große Wunsch, dass keine Kameradin und kein Kamerad bei Einsätzen zu Schaden kommt!

  

Holger, herzlichen Dank, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast.

 

Interview, Bericht: Uwe Kaier

Bild 1: U. Kaier

Bild 2. Feuerwehr